7. Lebensstation - Kritik an Folter durch Praetorius

 

Die Auseinandersetzung von Praetorius mit der Folterpraxis seiner Zeit ist höchst bemerkenswert. Der weltlichen Strafgewalt spricht er vehement das Recht ab, unmenschliche Verfahren und Strafen anzuwenden.

Praetorius sagt in seinem "Gründlichen Bericht von Zauberey und Zauberern": „In Gottes Wort findet man nichts von Folterung, peinlichem Verhör und Bekenntnis durch Gewalt und Schmerzen. Wie oft nehmen sich Menschen nach der Folter das Leben? So befiehlt die Kaiserliche Halsgerichtsordnung nicht, dass jeder Richter die Folter brauchen sollte, sondern warnt vor zuviel Gebrauch.“ (Praetorius, Gründlicher Bericht, S. 182)

 

„Der Teufel hat Euch Richtern die Nächstenliebe aus dem Herz genommen.“ (Praetorius, Gründlicher Bericht, S. 246)

„Peinliches Verhör und Folter sind schändlich und tyrannisch, weil sie vieler und großer Lügen Mutter ist, weil sie so oft den Menschen am Leib beschädigt und sie umkommen: Heute gefoltert, morgen tot.“ (Praetorius, Gründlicher Bericht, S. 217)

„Warum müssen die Weiber ohne rechtmäßige Anklage angegriffen werden? und ihre armen Männer, Kinder und ganzer Freundeskreis geschändet und in Herzeleid gesetzt?“ (Praetorius, Gründlicher Bericht 1613, Einleitung S. 12)

 

Weil das peinliche Verhör so unchristlich, so scharf, so gefährlich, so schädlich und dazu so betrügerisch und ungewiss, soll es von christlicher Obrigkeit [Regierung] nicht gebraucht noch gestattet werden, ungeachtet, ob sie im gemeinen oder kaiserlichen Recht enthalten ist. So hat es auch seinen Ursprung nicht von Rechtsgelehrten und Gesetzgebern, sondern von heidnischen Tyrannen: je mehr jemand foltert und foltern lässt, desto gleicher tut und wird er den Tyrannen. (S. 182)

 

Praetorius wendet sich ganz besonders gegen die Folter, die er als unchristlich und für die Wahrheitsfindung unbrauchbar abweist und die er abgeschafft wissen will. Dies ist zu der damaligen Zeit um 1600 absolut neu und geradezu revolutionär. Die Herrschaft hatte jedes Mitgefühl mit ihren Opfern verloren. An diesem, ihrem schwächsten Punkt, greift Praetorius sie an. Und er spricht es aus, dass er mit der christlichen Lehre die Moral auf seiner Seite hat. Seine Anklage gegen die rücksichtslosen Folterer ist leider heute noch aktuell.

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